Gue Schmidt Hans Heinz Holz
GUE SCHMIDT
HÖREN IST SEHEN – EIN NACHSATZ ZUR ERWEITERTEN VERSION,
ODER PROLEGOMENON DES ABSCHLUSSES.


Im Eigentlichen und als Vorwort zu dieser Ausstellung sollte ja ein Prolog formuliert sein. Hier jedoch muss es eher eine Mischung aus Pro- und Epilog sein, denn HÖREN IST SEHEN ist noch immer zwar, wird aber mit dieser Ausstellung zum letzten Mal thematisiert und auch zu sehen/hören sein.
Dass dieser weitere Schritt, die Ausstellung auch im TPS (Triangle Project Space) in San Antonio in Nordamerika zu zeigen, zu tun war, war abzusehen, dass es der Letzte sein wird, irgendwie aber auch. Denn ursprünglich war geplant das Projekt dort schon im Jahr 2005 zu zeigen, technische und auch logistische Gründe hatten aber dazu geführt es bis auf 2007/2008 zu verschieben.

Im Unterschied zu den vorangegangenen Ausstellungen wurde speziell für diesen Ausstellungsort bei den bisher teilnehmenden KünstlerInnen erneut um eine weitere Klang-, Bild-, und Textarbeit angefragt, um aktuelle Tendenzen der Klangkünste, sowie neuere Bild- und allenfalls auch Sprachtechniken zur Wahrnehmung zu bringen.
Weiters sollte auch der Unterschied in den Produktionsverhältnissen, der einzelnen beteiligten KünstlerInnen, die sowohl bild- und auch klangprägend sich auswirken, sowie der Themenwandel im Unterschied zu den alten und vorangegangenen Arbeiten thematisiert werden.

Von den in den 16 Stationen von 1996 bis 2006 beteiligten 93 KünstlerInnen haben vierundsiebzig von dieser Einladung Gebrauch gemacht und Werke entstehen lassen, bzw. Werke welche in den letzten zwei Jahren entstanden sind, dafür zur Verfügung gestellt.
Die ursprüngliche Hörzeit und Klangdauer von 1,5 Tagen/Nächten (= 38 Stunden) wurde also um elf Stunden auf etwa 49 Stunden Hörzeit erweitert.
Grundsätzlich ging es aber nicht um eine Erweiterung an sich, sondern es sollte auch der zeitlichen Darstellung von Veränderung Rechnung getragen werden. Denn zehn Jahre Projektdauer ist eine Zeit, in der Veränderungen auch wirklich sichtbar, sowie hörbar gemacht werden können.
Ein weiterer Gedanke war auch auf die sich in den letzten zehn Jahren erweiterten oder veränderten Produktionsmöglichkeiten und Umständen der KünstlerInnen ein Licht zu werfen.
Gab es zu Beginn für die meisten der Beteiligten noch keine oder wenig Möglichkeiten sich mit elektronischen Schneideprogrammen und Modulationsmöglichkeiten auf Computern auseinander zu setzen, oder sie gegebenfalls anzuwenden, so hat sich das im Gegensatz zum Beginn der Ausstellungsreihe im Jahre 1996 von HÖREN IST SEHEN, weitgehendst verändert. Viele, wenn nicht die meisten der neuen Arbeiten wurden unter oder mit den neuen Produktionsumständen erstellt.
Das Selbe lässt sich an den photographischen Beiträgen der Ausstellung beobachten, wo auch hier die elektronische Photo- und Bildverarbeitung seine Spuren hinterlassen hat.
Ein weiterer Aspekt von Zeitlichkeit wird auch darin wahrnehmbar, dass zwei ursprünglich beteiligte Künstler wie Peter Battisti und Georg Jappe bedauerlicherweise ihr Produktionsfeld verlassen mussten und möglicherweise nun mehr aus anderen Dimensionen unserm munteren Treiben zuschauen.

Der kleine Unterschied der jetzigen Ausstellung und ihrer Konzeption zur ursprünglichen und ersten Ausstellung und den darauf folgenden liegt ausschliesslich in der Dauer der Arbeiten, wie man im Vergleich der beigefügten Werklisten (’96-’06) mit den einzelnen Beiträgen (‘07/’08) feststellen kann. Hierbei, also im aktuellen Fall, sollte die Klangarbeit maximal zehn Minuten betragen, woran sich nicht alle, zumindest aber der Großteil der Beteiligten doch gehalten haben, im Gegensatz zur alten Ausstellung wo der zeitliche Rahmen für die Klangarbeiten noch von fünfzig Sekunden bis zwei Stunden gesteckt war, welcher in den meisten Fällen nicht ausgeschöpft wurde.
Auch die Photoauswahlkriterien wurden beibehalten, das heisst, sollte kein passendes Photo der beteiligten KlangkünstlerInnen zur Verfügung stehen, so konnte ein/e weitere/r KünstlerIn mit einer Photoarbeit hinzu gezogen werden, was ein beträchtlicher Teil der KlangkünstlerInnen auch getan hat (insgesamt 22 weitere PhotographInnen). Dieser Prozess lässt sich auch an der auf den letzten Seiten dieser Broschüre beigeschlossenen Photoindexliste ablesen.

Da diesem Katalog schon einige Druckwerke voran gingen, worin auch der Weg des Projektes dokumentiert wurde, haben wir uns entschlossen auf die nochmalige Dokumentation der alten Werke zu verzichten, dafür aber den beiden letzten Stationen Toronto/ Kanada und Györ/ Ungarn einen eigenen Abschnitt zu widmen.
Der zweite Grund war, dass bei der Ausstellung in Györ erstmals die Möglichkeit geboten war, in Anbetracht des zur Verfügung stehenden Raumes, Installationsarbeiten, welche in vielen Fällen die eigentliche Grundlage für die jeweiligen Klangarbeiten waren, von einer kleinen Auswahl von am Projekt beteiligten KünstlerInnen zu zeigen. Auf einem der Photos auf Seite 50 – in einen der zusätzlichen Räumlichkeiten – sieht man das Klangsofa polyfunctional woman von Ilona NEMETH (Vordergrund), eine Dokumentation einer Performance im Klangraum der Stadt Berlin Unsichtbare Skulpturen von Natalia PSCHENITSCHNIKOWA (links), die Klang-[Metall]boden-Installation Yaw von Julian FEYERABEND/ Oskar HUMMER sowie die sprechenden Hosen Set of 11 Maps von Hannes PRIESCH (Hintergrund). In weiteren Räumlichkeiten gab es noch Installationen sowie Dokumentationen von Claus BACH, René EISENEGGER, Endre SZKÁROSI, Anja WIESE und mir zu sehen.

Eine grosse Freude ist es für mich auch in Hans Heinz Holz einen Philosophen und Kunsttheoretiker für einen umfangreichen Text gewonnen zu haben, der dankenswerter Weise noch einiges an WissensWerten zum Projekt in diesem Katalog, obwohl schon vieles in den vorangegangenen (speziell in H=S 2002) von TheortikerInnen verschiedenster Provinienz zum Thema zu lesen ist, hinzu zu fügen wusste.
Zugleich möchte ich hier noch auf den Umstand hinweisen, dass dieses Druckwerk (H=S’07/’08) nur in Verbindung mit den Katalogen 2000+2CDs/ 2002/ 2005, sowie mit der im Jahre 2005 entstandenen 3fach-Musik-CD als Gesamtes wahrgenommen werden sollte, und man den Umfang des Projektes nur dadurch auch wirklich erst dargestellt bekommt.
Gleichfalls soll nicht unerwähnt bleiben, dass zusätzlich zu den Sprachen Deutsch, Spanisch, Englisch, in denen das Projekt formuliert ist, noch Druckwerke in ungarischer und türkischer Sprache existieren.

Schlussendlich möchte ich hier noch ALLEN die die Realisation der Ausstellungen möglich machten, allen voran den beteiligten KünstlerInnen, aber auch allen damit befassten Menschen, ausser- und innerhalb verschiedenster Gremien, danken, bei ihnen immer wieder auf offenen Ohren und auf Unterstützung gestossen zu sein, für dieses mein Anliegen HÖREN IST SEHEN in und um die Welt tragen zu können.
Nicht die Konsumenten haben entschieden, sondern die assoziierten Produzenten, HÜ!

Gue Schmidt