RBW21
FASCHINA - oder die Reise ins Land mit den 1.200 Kühen
2005    GUE SCHMIDT
Kunstradio

Die Kuhglocke, ein in den Alpenregionen weit verbreitetes, primitives Ortungsinstrument, bildet die akustische Grundlage dieser neuen Arbeit des Soundkünstlers Gue Schmidt. Jedem Wanderer ist deren Klang, eingebettet in die spezielle Akustik der Berge und der Natur, vertraut. Die Grösse der Glocke verhält sich proportional zum Alter der Kuh: Je älter, desto grösser die Glocke. Eine Kuhherde erzeugt durch die Bewegung der Tiere folglich immer eine Summe unterschiedlicher Töne - Zufallsmelodien.

Das akustische Material für "Faschina" stammt aus dem gleichnamigen Gebiet in den Vorarlberger Bergen, genauer gesagt: im Großen Walsertal. 2004 hatte Gue Schmidt, ausgestattet mit seinem kleinen Kassettenrecorder und der Absicht folgend Gebirgsatmosphären aufzunehmen, eine Reise dorthin unternommen. Doch die "Kuhglockenkonzerte", die er beim Sesselliftfahren entdeckte, schienen plötzlich viel interessanter.

Für sein Stück musste der Künstler diese Aufnahmen nur leicht editieren. Gue Schmidt über "Faschina": Ich wollte Gebirgsatmosphären aufnehmen. Als ich in Faschina ankam, sah ich einen Sessellift, der ganz in die Nähe eines der vielen Gebirgsgipfel führte. Ich beschloss mit diesem hochzufahren, und auch die Fahrt akustisch aufzunehmen. Dabei bemerkte ich, dass ich immer wieder über einzelne Gruppen von Kühen hinwegfuhr, wo jedes dieser Tiere eine eigene Glocke hatte und jede Gruppe damit ihr eigenes Konzert veranstaltete. Ich fuhr mit dem Lift quasi von einem Konzert zum anderen - vergessen waren die Gebirgsatmosphärenaufnahmen. Ich hatte nur noch eines im Sinne: diese Fahrten so oft als möglich zu wiederholen, um in den Genuss dieses wunderbaren Klangerlebnisses zu kommen.
So kam es, dass ich bis zum Abend acht mal zum Gipfel und Retour fuhr - ganz danach süchtig, und am Liebsten bis zum nächsten Morgen weiterfahren wollend. Dabei hatte ich immer den Recorder laufen.